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Gute Lehre ohne Präsenz – wie kann das gelingen?

Wie viele andere Lehrende stehen auch Sie vielleicht gerade vor der Frage, wie Sie angesichts des Ausfalls aller Präsenzveranstaltungen Ihre Lehre umgestalten können. Besondere Bedeutung kommt in dieser Situation digitalen Lehr-Lernszenarien zu, über die wir Sie auf unserer Übersichtsseite »COVID-19: Hinweise zum Einsatz Digitaler Lehre« ausführlich informieren.

Eine Gemeinsamkeit all dieser Szenarien ist, dass höhere Anforderungen an die Selbstlernkompetenzen der Studierenden gestellt werden. An dieser Stelle möchten wir Ihnen daher einige allgemeine didaktische Hinweise und Anregungen geben, die es Ihnen erleichtern sollen, Ihre Lehre möglichst gut an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.

Voraussetzungen

Wichtige Voraussetzungen für gelingende Lehre sind klare und transparente Lernziele und Bewertungskriterien sowie ein strukturiertes Vorgehen. Das gilt umso mehr, wenn die Studierenden stärker auf sich gestellt sind. Machen Sie also sich und den Studierenden klar, welches Ihre Lernziele sind, und legen Sie fest, wie Sie im Laufe des Semesters gemeinsam mit den Studierenden vorgehen wollen, um diese Ziele zu erreichen. Richten Sie dabei sowohl die Prüfung als auch die Lehr-Lernaktivitäten an diesen Zielen aus. Legen Sie auch Ihre Bewertungs- und Benotungskriterien möglichst eindeutig fest und kommunizieren Sie diese, so dass die Studierenden ihren individuellen Lernstand leichter einschätzen können. (Mehr dazu unter »Constructive Alignment«)

Formulieren Sie die Lernziele dabei kompetenzorientiert, beschreiben Sie also insbesondere nicht lediglich, welche Inhalte »behandelt« werden sollen, sondern was die Studierenden hinterher mehr oder besser können sollen. Definieren Sie als Lernziel beispielsweise nicht: »Vertieftes Verständnis der Theorien aus dem Bereich XY«, sondern »Die Studierenden können die Theorien X, Y und Z im Detail beschreiben, erläutern und zueinander in Beziehung setzen«. Wenn Sie dies einmal für Ihre gesamte Veranstaltung festlegen, erübrigt sich damit übrigens auch die sonst häufige Frage: »Ist das klausurrelevant?«.

Motivierende Faktoren

Aus der hochschuldidaktischen Forschung sind einige Faktoren bekannt, die sich besonders günstig auf die Lernmotivation der Studierenden auswirken. Einige davon sollen hier dargestellt werden.

  • Begeisterung der Lehrperson für das Thema: Ihre eigene Motivation überträgt sich auf die Studierenden. Lassen Sie die Studierenden also Ihre Begeisterung für das Fach spüren.
  • Anspruchsvolle, aber erreichbare Lernziele: Zu hoch gesteckte Ziele können die Studierenden leicht entmutigen; zu leicht erreichbare Ziele können sie unterfordern und langweilen. Wählen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus ein angemessenes Niveau. Idee: Fragen Sie die Studierenden doch einfach zwischendurch immer wieder, z. B. per Audience-Response-System, wie schwierig sie die jeweils behandelten Themen oder Arbeitsaufträge einschätzen. Oder erfragen Sie vorab das bei den Studierenden vorhandene Vorwissen.
  • Unterstützung durch die Lehrperson: Die Kombination aus anspruchsvollen Lernzielen und beständiger Unterstützung der Studierenden bei der Erreichung dieser Ziele ist sehr wirksam. Seien Sie, auch und gerade in Zeiten von Covid-19, für Ihre Studierenden da. Kombinieren Sie schon in Ihrer Lehrplanung systematisch Fachinput, Arbeitsaufträge und Unterstützungsformate. Verteilen Sie z. B. Arbeitsaufträge über Stud.IP und nutzen Sie die ursprüngliche Präsenzzeit für ein Coaching in Form von Online-Sprechstunden per Videokonferenz.
  • Feedback: Eines der mächtigsten Werkzeuge, die Ihnen zur Verfügung stehen. Individuelles Feedback macht individuelle Lernfortschritte sichtbar, und sichtbare Fortschritte motivieren zum Dranbleiben. Ein kurzes Quiz zwischendurch erleichtert es den Studierenden, ihren Kenntnisstand einzuschätzen. Noch wirksamer ist qualitatives, formatives Feedback, das es den Studierenden ermöglicht, Ansatzpunkte für ihr weiteres Lernverhalten zu identifizieren. Hierfür können Sie z. B. das Aufgaben-Plugin in Stud.IP nutzen. Wenn Sie zu viele Teilnehmer*innen in Ihrer Veranstaltung haben, um selbst individuelles und differenziertes Feedback zu geben, denken Sie vielleicht über Peer-Reviewing nach, lassen Sie also die Studierenden untereinander Feedback zu ihren Lern- und Arbeitsergebnissen geben.
  • Aktivierende Lehr-Lernmethoden: Auch ohne ein persönliches Zusammenkommen im Hörsaal oder Seminarraum können Sie Methoden in Ihre Online-Lehre einbauen, mit denen Sie die Studierenden aktivieren. Ein Audience-Response-System wie das Cliqr-Plugin in Stud.IP können Sie z. B. ebenso gut im Rahmen eines Webmeetings einsetzen. Oder nutzen Sie die Chatfunktion in Ihrem Online-Meeting für ein kurzes Blitzlicht. Wir haben einige Methoden für Sie zusammengestellt. Dort finden Sie auch Links zu umfangreicheren Methodensammlungen.
  • Klare Arbeitsaufträge: Sagen oder schreiben Sie nicht einfach: »Bitte lesen Sie bis zum nächsten Mal den Text XY,« sondern geben Sie den Studierenden mindestens konkrete Leitfragen an die Hand oder formulieren Sie konkrete Aufgaben, die sich an der Lebensrealität oder den späteren Tätigkeitsfeldern der Studierenden orientieren.

Formen des begleiteten Selbststudiums

(aus Landwehr, N., Müller, E. (2008). Begleitetes Selbststudium. Didaktische Grundlagen und Umsetzungshilfen (2. Aufl.). Bern: hep-Verlag.)

Mit dieser Auflistung möchten wir Ihnen eine Anregung geben, wie Sie Ihre Lehre im Sinne eines belgeiteten Selbststudiums (um)gestalten können.

  • Integrierte Lernaufgaben: Die Lehrperson stellt den Studierenden Aufgaben, die diese selbstständig bearbeiten (»Hausaufgaben«). Diese Aufgaben sind in dem Sinne in die Lehrveranstaltung integriert, dass sie sich inhaltlich am Thema der Veranstaltung orientieren und einen Beitrag im Sinne einer Vor- oder Nachbereitung, einer Elaboration oder eines Transfers leisten.
  • Skriptbasiertes Selbststudium: Die Lehrperson gibt ein Skript aus, das alle prüfungsrelevanten Inhalte enthält. Die Studierenden erarbeiten sich diese Inhalte selbstständig. Die Lehrperson steht zur Klärung von Fragen zur Verfügung.
  • Social-Support-Modell: Der Lehr-Lern-Prozess wird in mehrere Phasen aufgteteilt, in denen sowohl unterschiedliche Lernformen als auch verschiedene Gruppierungsformen (Plenum, individuelles Selbststudium, Lerntandems, begleitete und unbegleitete Lerngruppen) zum Einsatz kommen. Der gegenseitigen Unterstützung kommt dabei eine tragende Rolle zu. Die Lehrperson fungiert sowohl als Fachexperte wie auch als Moderator*in und Supervisor*in in den begleiteten Gruppentreffen.
  • Leitprogramme: Die Lehrperson gibt vorbereitete schriftliche Lernanleitungen, die typischerweise Lernziele, Fachtexte, Aufgabenstellungen und Lernkontrollen enthalten und von den Studierenden selbstständig bearbeitet werden. Anders als beim skriptbasierten Studium sind die Materialien elaborierter und haben eher den Anspruch, den Lernprozess im Detail zu steuern.
  • Problembasiertes Lernen: Die Lehrperson gibt praxisnahe Problemfälle vor, die von den Studierenden »gelöst« werden. Hierzu sind verschiedene Kenntnisse und Kompetenzen erforderlich, die sich die Studierenden im Zuge der Problemlösung selbstständig, ggf. unter Verwendung vorgegebener Materialien, aneignen. Der Lern- bzw. Problemlöseprozess folgt dabei einem vorgegebenen, mehrschrittigen Verfahren.
  • Individuelle Vorhaben: Die Studierenden wählen einen individuellen Themenschwerpunkt, dem sie im Rahmen des Studienmoduls nachgehen möchten. Die Art des Vorhabens kann dabei sehr unterschiedlich sein (theoretische Abhandlung, gestalterische Arbeit, Forschungsvorhaben, Erkundungsvorhaben, Praxisvorhaben). Der Lehrperson kommt im Rahmen von individuellen Vorhaben eine beratend-unterstützende Funktion zu.
  • Lern- und Übungsprojekte: Studierende bearbeiten vorgegebene Probleme oder Aufgaben in Projektform. Es kann sich um ein fallbasiertes Projekt handeln, bei dem die Studierenden eine Problemlösung erarbeiten sollen, oder um einen Gestaltungs- oder Konstruktionsauftrag, bei dem ein vorgegebenes »Endprodukt« realisiert werden soll. Die Erfordernisse des Projekt steuern dabei, was die Studierenden sich im Rahmen der Projektarbeit an Kenntnissen und Kompetenzen aneignen. Die Lehrperson gibt die Rahmenbedingungen vor und erfüllt im weiteren Verlauf vor allem eine Controlling- und Beratungsfunktion.
  • Echtprojekte: Anders als bei Lern- und Übungsprojekten gibt es hier einen externen Auftraggeber, der ein echtes Interesse an den Projektergebnissen hat. Die Studierenden müssen herausfinden, worin genau das Anliegen des »Kunden« besteht, und dazu passende Lösungsvorschläge erarbeiten, dem Kunden gegenüber nachvollziehbar darstellen und selbstständig umsetzen. Den hierzu erforderlichen Projektmanagementkompetenzen kommt eine besonders große Bedeutung zu.